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Grenzen der Umlagefinanzierung

Steigende Beiträge und Steuerzuschüsse? Demografiebedingt kommt die umlagefinanzierte Soziale Pflegeversicherung zunehmend an ihre Grenzen. Die Lasten haben jüngere Generationen zu tragen. Sie bekommen weniger Leistungen, zahlen aber lebenslang höhere Sozialabgaben als ältere Jahrgänge.

Demografischer Wandel: Junge müssen wachsende Lasten schultern

Immer mehr Älteren stehen zukünftig immer weniger Jüngere gegenüber. Dem klassischen Generationenvertrag, wonach die Versorgung der Älteren maßgeblich aus den Beiträgen der Erwerbstätigen finanziert wird, gehen so seine demografischen Voraussetzungen verloren. Das allein wird die Beitragssätze zur umlagefinanzierten Sozialversicherung unter Druck setzen.

Allerdings wurde das wirtschaftspolitische Stabilitätsziel, die Sozialabgabenquote nicht über 40 Prozent ansteigen zu lassen, schon gerissen, bevor die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in Rente gehen. Seit Januar 2025 liegt der Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei 41,9 Prozent, für Kinderlose fließen sogar schon 42,5 Prozent des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts in die Sozialversicherung. Eine aktuelle Projektion von Prof. Martin Werding zeigt, dass ohne Sozialreformen der Beitragssatz zur Sozialversicherung schon in einem moderaten Prognoseszenario bis 2035 einen neuen Höchststand von 47,5 Prozent erreichen und danach weiter steigen wird.

Mehr dazu auf www.wip-pkv.de

Schon heute zählen die Lohnzusatzkosten in Deutschland zu den höchsten der Welt – mit weitreichenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes.

Von diesem Anstieg der Beitragssätze werden nicht alle Bürgerinnen und Bürger in gleichem Maße betroffen sein, sondern überproportional die Jüngeren, die ihr ganzes Erwerbsleben auf einem höheren Abgabenniveau liegen werden als die Generationen davor. Ein im Jahr 2010 geborener Mensch wird in seinem Leben durchschnittlich fast ein Drittel mehr Sozialbeiträge zahlen als ein im Jahr 1970 Geborener.

Das Fazit der Bertelsmann-Stiftung: „Wenn wir aus so stark steigenden Sozialbeiträgen keine Konsequenzen ziehen, droht ein massiver Verteilungskonflikt zwischen Jung und Alt.“ 

Mehr dazu auf www.bertelsmann-stiftung.de

Der stille steile Anstieg: Beitragssatzentwicklung in der Sozialen Pflegeversicherung

Ausschlaggebend für den Beitragssatz im Umlageverfahren ist die Differenz zwischen Einnahmen- und Ausgabenentwicklung. Um den Ausgabenanstieg in der Pflegeversicherung finanzieren zu können, stieg der SPV-Beitragssatz von 1,0 Prozent im Jahr 1995 auf mittlerweile 3,6 Prozent (4,2 Prozent für Kinderlose). Seit 2015 musste der SPV-Beitragssatz regelmäßig angehoben werden.

Szenarien zur zukünftigen Finanzentwicklung der Sozialen Pflegeversicherung

Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht „Zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung – Darstellung von Szenarien und Stellschrauben möglicher Reformen“ prognostiziert, dass es allein durch das Fortsetzen des heute geltenden Rechts – eine extrem optimistische Annahme angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit – zu einem Beitragssatzanstieg auf 4,07 Prozent im Jahr 2030 bzw. 4,59 Prozent im Jahr 2060 kommen kann. 

Mehr dazu auf www.bundesgesundheitsministerium.de

Unterstellt man darüber hinaus einen Kostendruck im System, erzeugt insbesondere durch das Missverhältnis von steigender Lebenserwartung und niedrigen Geburtenraten, durch höhere Löhne für dringend benötigte Fachkräfte oder zunehmende Qualitätsanforderungen, resultieren Beitragssätze, die für das Jahr 2030 zwischen 3,9 Prozent und 5,2 Prozent liegen. Weitere zehn Jahr später beträgt die Spanne bereits 4,4 bzw. 9,5 Prozent.

Je jünger der Jahrgang desto größer die generationenspezifische Belastung

Weitere Ergebnisse liefert eine Studie von Prof. Martin Werding im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung: Sie zeigt ebenfalls wie die Alterung der Gesellschaft in den kommenden Jahren die Pflegeversicherung vor immer größere Probleme stellen wird – insbesondere in Bezug auf einzunehmendes Ungleichgewicht zwischen den generationenspezifischen finanziellen Belastungen. Infolge der demografischen Entwicklung wird die Summe der Beitragssätze von gesetzlicher Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung schon bis zum Jahr 2045 auf Werte zwischen 50,7 und 52,2 Prozent steigen. Ein 2010 geborener Mensch werde in seinem Leben durchschnittlich ein Drittel mehr Sozialbeiträge als ein 1970 Geborener zahlen. Fazit: „Wenn wir aus so stark steigenden Sozialbeiträgen keine Konsequenzen ziehen, droht ein massiver Verteilungskonflikt zwischen Jung und Alt.

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BDA-Kommission: Demografischer Wandel treibt Sozialabgaben in die Höhe

In den nächsten 20 Jahren wird der Beitragssatz in den gesetzlichen Sozialversicherungen auf rund 50 Prozent (49,6 Prozent) steigen. Das zeigen Berechnungen der BDA-Kommission „Zukunft der Sozialversicherungen“ unter der Leitung von Prof. Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum. Im Koalitionsvertrag hatte sich die vergangene Große Koalition auf eine Obergrenze für die Sozialabgabenquote von 40 Prozent verständigt. Als zum Jahreswechsel 2019 der Beitragssatz in der Sozialen Pflegeversicherung von 2,55 auf 3,05 Prozentpunkte erhöht wurde und diese Marke „wackelte“, hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sogar die Aufnahme der 40-Prozent-Grenze ins Grundgesetz vorgeschlagen. Die so wichtige 40-Prozent-Marke wurde dagegen im Koalitionsvertrag 2021 von SPD, Grüne und FDP gestrichen. Die Ergebnisse der Wissenschaftler machen deutlich, wie schwerwiegend die Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind, sollte diese Grenze weiter überschritten werden. Gleichzeitig weisen sie auf die Bedeutung einer Obergrenze in der Sozialversicherung hin: „Jetzt zeigt sich, dass es ohne eine politisch gesetzte Obergrenze an den notwendigen Anstrengungen fehlt, die Beitragsbelastung zu begrenzen. Dass ein selbst gestecktes Ziel für die Beitragshöhe fehlte, hat vielmehr zu einer bislang nicht gekannten Dynamik bei der Entwicklung der Beitragssätze beigetragen.“

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Beschäftigungsrisiken und Legitimationsverlust der Sozialversicherungen

Die Obergrenze von 40 Prozent ist keine beliebige Grenze: Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag diesen Wert in der Vergangenheit bereits einige Male verletzt hat. In den Jahren 1997/98 sowie 2003 und 2005, die von hoher Arbeitslosigkeit geprägt waren, lagen die Spitzenwerte bei über 42 Prozent. Das verdeutlicht den Teufelskreis aus hoher Beitragsbelastung und ungünstiger Wirtschaftsentwicklung.

In ihrem Bericht warnt die BDA-Kommission deshalb vor den negativen Auswirkungen steigender Beitragssätze auf die wirtschaftliche Entwicklung und den damit verbunden Beschäftigungsrisiken. Schon heute zählt Deutschland im internationalen Vergleich der lohnbezogenen Abgaben zur Spitzengruppe. Die Gesamtbelastung der Löhne von Durchschnittsverdienern mit Sozialbeiträgen und Lohnsteuern lag 2020 bereits bei 49,4 Prozent. Nur in Belgien zahlten die Bürgerinnen und Bürger mehr. Zudem bestehe die Gefahr einer fortschreitenden Entsolidarisierung und eines Legitimationsverlusts der Sozialversicherung. Die steigende finanzielle Belastung für jüngere und zukünftige Versicherte widerspreche der Idee eines gerechten Interessenausgleichs im Rahmen des „Generationenvertrags“, der dem umlagefinanzierten Sozialversicherungssystem konzeptionell zugrunde liegt.

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Pflege-Bürgerversicherung? Keine Lösung für die demografischen Herausforderungen in der Pflege

In Reaktion auf die Finanzprobleme der umlagefinanzierten Sozialen Pflegeversicherung wird neben einer wachsenden Steuerfinanzierung auch eine sogenannte „Bürgerversicherung“ gefordert – in zwei Varianten: als Zusammenführung von Sozialer Pflegeversicherung (SPV) und Privater Pflegepflichtversicherung (PPV) unter dem Dach der SPV, oder als Finanzausgleich zwischen SPV und PPV. Beides ist nicht zielführend.

Die Pflege-Bürgerversicherung wäre eine Ausweitung der Umlagefinanzierung auf 100 Prozent der Pflegeversicherten und würde mit der PPV ausgerechnet das einzige System abschaffen, das heute für den demografischen Wandel in der Pflege mit Rückstellungen vorsorgt. Die Pflege-Finanzprobleme der Umlage in einer alternden Gesellschaft würden sich dadurch verschärfen.

Ebenso dysfunktional für die SPV-Finanzen wäre ein Finanzausgleich mit der PPV. Dieser müsste die Risikostrukturen zwischen den Kollektiven ausgleichen. Die Risikostruktur der PPV-Versicherten wäre für die SPV aber nicht vorteilhaft: Das Pflegerisiko steigt mit dem Alter. Und die PPV-Versicherten sind im Durchschnitt nicht nur heute schon deutlich älter. Sie altern auch schneller als das Kollektiv der SPV. Ein Finanzausgleich zwischen den Systemen würde daher auf dem Höhepunkt des demografischen Wandels ausgerechnet die SPV zusätzlich belasten, wie Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) zeigen.

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Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft hält eine Ausweitung der Beitragspflicht für keine nachhaltige Lösung: „Damit Pflege auch unter veränderten Voraussetzungen dauerhaft sichergestellt werden kann, braucht es eine neue Orientierung in der Pflegepolitik. Vor diesem Hintergrund sind die aktuell verhandelten Bestrebungen zur Ausweitung der Versorgungsversprechen ebenso kritisch zu bewerten wie die Bemühungen um eine Ausweitung der Beitragspflicht.“

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